Ja, es muss! So lautet die Antwort von Nicole Weider, Expertin für strategische Kommunikation im Gesundheitswesen mit langjähriger Praxiserfahrung in der Begleitung von Krankenhäusern und Arztpraxen. Marketing ist das Werkzeug im Change-Prozess. Krankenhäuser sind heute Dienstleistungsanbieter, die im Wettbewerb zueinander stehen und es sich nicht erlauben können, ihr Marketing zu vernachlässigen. Ganz besonders wichtig ist es, dabei das Spannungsfeld Wirtschaftlichkeit und Patienten-/Mitarbeiterzufriedenheit im Auge zu behalten.
Auszug aus einem Interview medical.topjobs.de
Frau Weider, Sie sind Marketing-Ökonomin und arbeiten als Kommunikationsberaterin im Gesundheitswesen. Wenn Sie Ihre Beratungstätigkeit in Kliniken und Krankenhäusern überblicken, was sind die häufigsten und gravierendsten Fehler, mit denen Sie sich konfrontiert sehen?
Nicole Weider: Die Frage nach Fehlern kann so pauschal nicht beantwortet werden. Denn die Themen, mit denen sich Krankenhäuser in der Kommunikation beschäftigen, sind von verschiedenen Faktoren abhängig wie z.B. der Klinikgröße, der Anzahl der Fachabteilungen und den damit verbundenen medizinischen Schwerpunkten oder auch vom Versorgungsauftrag und der Lage der Klinik. Ist es ein Haus der Grund- und Regelversorgung auf dem Lande oder geht es um ein Krankenhaus der Maximalversorgung in einer Großstadt. Erst aus der Summe der einzelnen Faktoren lassen sich die Anforderungen an die Kommunikation und die damit verbundenen Marketingaufgaben ermitteln, die im Ergebnis sehr unterschiedlich ausfallen können und ich somit auf die unterschiedlichsten „Fehlerquellen“ treffe wie z.B. orientierungslose Führungskräfte oder einen sehr heterogenen Klinikauftritt in der Außendarstellung.
Daneben stoße ich bei meinen Projekten immer wieder auf ein Thema, das nur langsam in das Bewusstsein der Klinikmanager gelangt: Der Umgang und das Verständnis zum Begriff „Marketing“. Hierunter wird meist „Werbung“ oder „Reklame“ verstanden, was leider zu kurz gedacht ist. Dadurch gehen bereits im Vorfeld Markt- und Wachstumspotentiale verloren, die sich letztendlich auch in den Geschäftszahlen wiederfinden werden. Aus diesem Grund ist für mich die Einstellung der Geschäftsführung zum Thema Krankenhausmarketing einer der Dreh- und Angelpunkte geworden, um Fehlerquellen herauszufinden und dort mit strategischer Kommunikation anzusetzen. Nicht zuletzt spiegeln sich auch die Einstellungen des Krankenhausmanagements und der Führungskräfte zu diesem Thema in der Behandlungsqualität und in der Patientenzufriedenheit wieder. Somit wird deutlich, wie umfangreich und mit welchen Auswirkungen ggf. im Alltag zu rechnen ist, wenn das Thema Klinikmarketing/Kommunikation dem Zufall überlassen wird.
Vom „ICH“ zum „WIR“
Dass Marketing Veränderunsprozesse unterstützt oder klare Entscheidungen vom Krankenhausmanagment zur strategischen Planung der Kommunikationsaktivitäten verlangt, wird leider bislang nur von wenigen Verantwortlichen bedacht. Marketing versteht sich als intelligente Verzahnung von Einzelmaßnahmen innerhalb einer strategischen Gesamtausrichtung. Hierbei geht es um die Analyse von Stärken und Schwächen, Werten und Normen, die das Image nach außen und die Identität nach innen vermitteln und prägen sollen. Hat man diese herausgearbeitet, so verantwortet das Marketing im Anschluss die zielgerichtete Kommunikation und die Umsetzung der Ergebnisse. Neben den definierten Zielen, die messbar und kontrollierbar sein sollen, gehören die Mitarbeiter, angefangen vom Reinigungs- und Küchenpersonal über die Stationshilfen, Pflegepersonal, Ärzte, bis hin zur Verwaltung, in die Maßnahmen integriert. Daneben ist ein definiertes und freigegebenes Budget unabdingbar.